So sehr fast alle Beteiligten von den zahlreichen Rechtsverletzungen unserer Tochter gegenüber profitiert haben, umso schlechter geht es ihr inzwischen. Seit Ende 2007 – also seit dem Einreichen der Verfassungsbeschwerde – ist unklar , wer die Verantwortung für ihr Abitur trägt bzw wer dieses überhaupt abnehmen darf. Die Landesschulbehörde Niedersachsen jedenfalls nicht - deshalb verweigert sie die Beantwortung unserer Anfrage ja auch hartnäckig. Damit ist unsere körperbehinderte Tochter gegenüber jedem anderen Schüler in Niedersachsen seit vielen Jahren benachteiligt! Das schlimmste ist, dass wir ihr überhaupt nicht helfen können!
Letzten Endes bleibt uns nichts anderes übrig, als uns wieder an das Verwaltungsgericht Lüneburg zu wenden, das ihr in der Vergangenheit so übel mitgespielt hat. Nachdem die Nds. Landesschulbehörde einen rechtsmittelfähigen Bescheid hinsichtlich der Entscheidungsbefugnis für Julias Abiturprüfung Monate lang verweigert, reichen wir im Oktober 2012 Untätigkeitsklage beim Verwaltungsgericht Lüneburg ein. Wieder beginnt eine lange Wartezeit….. Terminiert wird das Verfahren dann auf den 28.10.2013, also ein gutes Jahr später, denn das Verwaltungsgericht Lüneburg kennt keine Eile! Da wir uns zu diesem Zeitpunkt im Urlaub befinden und auch unser Anwalt Terminprobleme hat, beantragt dieser eine Terminverschiebung. Üblicherweise wird einem solchen Antrag stattgegeben und mit gleichem Schreiben bereits ein neuer Termin mitgeteilt – nicht so in unserem Falle, denn bei uns verläuft immer alles anders! Inzwischen sind mehr als sieben Wochen vergangen, das Verfahren ist immer noch nicht neu terminiert. An Personalmangel kann es nicht liegen, denn die zuständige vierte Kammer des Verwaltungsgerichts Lüneburg ist mit vier Richtern im Vergleich zu den anderen Kammern überbesetzt.
Laut Beschluss vom 30.09.2013 hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Lüneburg entschieden, den Rechtsstreit einem Einzelrichter zur Entscheidung zu übertragen. Unsere Bemühungen, den Namen dieses ominösen Einzelrichters zu erfahren, bleiben über Wochen erfolglos. So nimmt man uns die Chance, im Vorfeld des Verfahrens überprüfen zu lassen, ob – wie schon wiederholt – möglicherweise Befangenheitsgründe vorliegen.
Am 16.01.2014 teilt uns das Verwaltungsgericht Lüneburg mit, dass eine Terminierung des Verfahrens wegen Überlastung (!!!) der 4. Kammer erst für April 2014 vorgesehen ist. Die als weitere Schikane gedachte Verlegung verfehlt hingegen die beabsichtigte Wirkung und sorgt in unserem gesamten Bekanntenkreis für Heiterkeit. Das Schreiben der 4. Kammer ist überschrieben mit „Die Einzelrichterin“. Im Text heißt es folgerichtig: Ich bin inzwischen die zuständige Einzelrichterin. Unterschrieben – und zwar nicht in Vertretung! – ist das denkwürdige Opus von Herrn Ludolfs, Vorsitzender Richter der 4. Kammer (wie bereits auch schon 2013). Herr Richter Ludolfs ist ganz offensichtlich männlich. Wer ist denn nun eigentlich „Ich“?. Ist „Ich“ weiblich oder männlich? Und vor allem: Wie heißt „Ich“ denn nun wirklich? Alle diese Fragen bleiben ungeklärt! Es drängt sich die Vermutung auf, dass alles getan wird, um dieses unliebsame Verfahren in die Unendlichkeit zu verschieben, um die wahren Hintergründe zu vertuschen Das wäre nicht weiter verwunderlich, denn das Verwaltungsgericht Lüneburg hat sich in der Vergangenheit stets als besonders loyale Außenstelle der Staatskanzlei Hannover erwiesen.
Die ständige Warterei ohne Perspektive zermürbt die Gesundheit unserer Tochter immer mehr. Im Oktober hatte sie einen schweren Schub des Pfeifferschen Drüsenfiebers, zur Zeit plagt sie eine schlimme Grippe. Im Grundgesetz heißt es in Artikel 1 : Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. Würde? Unsere Tochter und viele andere Betroffene haben überhaupt keine Würde mehr. Oder ist dieser Artikel des Grundgesetzes so gemeint, dass er nur für Gesunde gilt? Werden Kranke und Behinderte in Deutschland immer noch nicht als Menschen betrachtet?
Das beklemmende Fazit: Ein Land, in dem den Betroffenen Krankheit und Behinderung immer wieder als persönliche Schuld angelastet werden, hat sich noch längst nicht von seiner jüngsten Vergangenheit befreit. Das Selektionsprinzip ist im deutschen Denken nach wie vor tief verankert!
Mitte Februar 2013 erreicht uns über unseren Anwalt ein Schreiben des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, in dem uns lapidar mitgeteilt wird, dass die Beschwerde Nr. 61252/09 Flachmann ./. Deutschland für unzulässig erklärt wird, weil die in Artikel 34 und 35 der Menschenrechtskonvention niedergelegten Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Die Entscheidung ergeht in Einzelrichterbesetzung durch die Schweizer Richterin am EuGH Helen Keller. Natürlich basiert diese Beurteilung nicht auf geltendem Recht, sondern ist eindeutig ein Zugeständnis an die Politik. Es übersteigt zwar buchstäblich unser Vorstellungsvermögen, aber es muss leider ausgesprochen werden: Auch auf europäischer Ebene ist die Trennung von Judikative und Exekutive längst nicht mehr gewährleistet! Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte – was für eine erbärmliche Institution! Wir schämen uns für Richterin Keller!
Die einzige Hoffnung, die unserer Tochter in dieser Situation bleibt, ist die noch ausstehende Untätigkeitsklage vor dem Verwaltungsgericht Lüneburg, die nun schließlich auf den 29. April 2014 terminiert wird. Wie nicht anders zu erwarten, gibt es bereits im Vorfeld massiven Ärger, denn die nun endlich namentlich genannte Einzelrichterin Frau Preßler-Elsing ist offenbar verwandt oder verschwägert mit Richterin Preßler, die im Jahre 2006 in der 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Lüneburg tätig war, und die somit das gegen unsere Tochter gerichtete Skandalurteil mit zu verantworten hat. Natürlich stellen wir einen Befangenheitsantrag, der am 16. April von der 4. Kammer des Verwaltungsgerichts abgelehnt wird. Der Trick: An die Stelle der offenbar befangenen Richterin Preßler-Elsing ist ein Richter in die 4. Kammer eingetreten, der ebenfalls befangen zu sein scheint. Er ist namensgleich mit dem Vorsitzenden Richter Ludolfs und vermutlich mit diesem verwandt oder verschwägert.
Die Verhandlungsfarce am 29. April ersparen wir uns und überlassen sie unserem Anwalt. Erwartungsgemäß wird die Klage abgewiesen, weil unsere Tochter nach Ansicht des Gerichtes keinen Rechtsanspruch auf die Auskunft hat, wer denn nun eigentlich für die Durchführung ihres Abiturs verantwortlich zeichnet. Sie soll – ohne die leiseste Aussicht auf Änderung – auch weiterhin völlig rechtlos der Nds. Landesschulbehörde ausgeliefert bleiben!
Inzwischen ist die Zulassung zur Berufung beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg beantragt. Wir rechnen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit einer Ablehnung, die wir nicht hinnehmen werden. Ein erneuter Gang zum Bundesverfassungsgericht steht an – die zweite Runde beginnt! Das ist auch bitter nötig! Gerade ist mir der Fall einer schwer erkrankten 15jährigen Gymnasiastin zugetragen worden, die ebenso wie unsere Tochter schulischer Willkür ausgesetzt ist. Wieder spielt das Lüneburger Johanneum eine unrühmliche Rolle: Abschieben statt helfen, Ausgrenzung statt Inklusion! In mehr als zehn Jahren nichts gelernt! Wie soll eigentlich Inklusion von pädagogischem Personal umgesetzt werden, für das soziale Kompetenz ein Fremdwort ist?
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